Plattdeutscher Filmpreis 2022
Die “Plattdüütsch Stiftung Neddersassen” hat für das Schuljahr 2021/2022 zum dritten Mal einen landesweiten Filmförderpreis ausgeschrieben. Dazu wurden alle Schüler und Schülerinnen, kreative Kinder und Jugendliche ab 6 Jahren aufgerufen, einen plattdeutschen Kurzfilm zu erstellen. Hauptansprechpartner waren Schulen, aber auch freie Gruppe oder einzelne Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten mitmachen.
Diese dritte Runde des Plattdüütschen Filmpries startete – wie der Durchgang zwei Jahre zuvor – unter denkbar ungünstigen Bedingungen. Vor zwei Jahren hatte der Corona-Lockdown viele Aktivitäten blockiert – im Frühjahr 2022 erschwerten die zahlreichen Corona-Erkrankungen den kreativen Umgang mit dem Medium Film erheblich. Mal fielen Schauspieler aus, mal die Akteure hinter der Kamera oder beim Schnitt. So konnten einige vielversprechende Ideen nicht umgesetzt werden.
Ausgeschrieben war der Preis in vier Altersgruppen für diese Genres: Kurzfilm, Dokumentation, Reportage, Trickfilm, Gif, Video-Podcast, Erklärvideo oder Schulungsfilme. Die Filme sollten regionale Bezüge aufweisen. Außerdem sollten sie eine nachvollziehbare Geschichte erzählen, eine erkennbare Rahmenhandlung und eigenständige Dramaturgie haben sowie den gestalterischen Einsatz filmischer Mittel erkennen lassen.
Der besondere Reiz dieser Filme liegt aber auch in der Verwendung der niederdeutschen Sprache. Denn es geht nicht zuletzt darum, Kindern und Jugendlichen Zugänge zur plattdeutschen Sprache zu ermöglichen bzw. erleichtern.
Die Preisträger
Gruppe A: Schulklassen 1 bis 4
Der erste Preis an die Ludgerusschule Rhede;
AG Klasse 3 und 4 der Grundschule mit ihrer Lehrerin Edeltraut Wotte
Den ersten Platz in der Kategorie 1. Bis 4. Klasse belegte das Video „Baukwäiken JanHinnerk“ von der Ludgerusschule Rhede, das im Rahmen der "Platt"-AG entstand. Dort wurden schon zahlreiche Projekte durchgeführt. Vor der Schule steht eine Litfaßsäule mit "vergessenen" plattdeutschen Worten und es gibt einen Platt-Patt. Maßgeblich an der Projektdurchführung beteiligt ist die AGLeiterin Edeltraud Wotte. Bereits im vergangenen Jahr hatte Edeltraud Wotte schon ein Video mit einer plattdeutschen Version des bekannten Wellerman-Songs umgesetzt. Sie hatte nun auch die Idee für die Teilnahme am Filmwettbewerb. In dem Video erklären die Kinder humorvoll auf platt die Zubereitung eines regionaltypischen Buchweizenpfannkuchens. Schulleiter Otto Büning ist stolz auf die erfolgreiche Arbeit seiner Schule im Bereich Plattdeutsch: „Wir engagieren uns seit vielen Jahren verstärkt in der Pflege der Plattdeutschen Sprache. 2018 wurde wir als "Plattdütske Schaule" von Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) ausgezeichnet“.
In diesem Film dreht sich alles um Buchweizen-Pfannkuchen: die Zutaten, das eigentliche Backen, die Varianten für Beigaben und selbstverständlich das Essen. Den Rahmen gibt der chronologische und sachliche Ablauf vor. Von Anfang an transportiert der Film dabei die große Freude, die am Ende steht – nämlich beim Verspeisen der selbstgebackenen Pfannkuchen.
Zehn Schülerinnen und Schüler der 3. und 4. Klasse sowie ihre Lehrerin spielen die einzeln Rezept- Schritte mit großer Disziplin und noch größerer Freude. Die überblendenden Schnitte gliedern den Film in überschaubare thematische Einheiten. Stimmungen werden auch musikalisch untermalt. Dialoge und erklärende Sachtexte lösen einander geschickt ab, so dass nie Langeweile aufkommt. Hierzu trägt wesentlich auch die abwechslungsreiche Wahl der Perspektive bei.
Die plattdeutsche Sprache wird jederzeit situationsangemessen eingesetzt. Der Text ist nicht spontan, sondern gelernt; allerdings wird er nicht steif vorgelesen, sondern angemessen dialogisch vorgetragen.
Der Film beschränkt sich nicht darauf, ein Lehrfilm zu sein. Verschiedene Slapstick-Einlagen stehen für die große Freude, die hier mit filmischen Mitteln zum Ausgedruck kommt. Die Handlung wird ganz besonders von der Neugier der Kinder vorangetragen. Weil es sich bei Buchweizen-Pfannkuchen aber um ein Leibgericht handelt, ist zudem immer eine ganz persönliche Ebene angesprochen. Neugier und die Vorfreude auf den Geschmack geben dem Spiel Impulse.
Zur Spielfreude trägt sicherlich auch bei, dass sich die Beteiligten als Köche kleiden und damit in Rollen schlüpfen; nach dem Essen sind – selbstverständlich – alle Münder beschmiert, und als am Ende der Hinweis auf das Abwaschen kommt, laufen die Kinder mit Spektakel fort.
Dieser Film beweist, dass auch ein Dokumentationsfilm aus Kindersicht und mit großer Spielfreude gedreht werden kann.
Gruppe B: Schulklassen 5 bis 13
De 1. Pries an de KGS Tarmstedt; Jannik Hastedt und Mika Günter
Dieser Abenteuerfilm zeigt Jannik und Mika, die der Frage nachgehen, wo denn der Osterhase zu finden ist. Sie schmieden den Plan, “Hanni Haas” aufzuspüren. Die Erkundung der näheren Umgebung und das Nachdenken über die nächsten Schritte bieten einen angemessenen Rahmen für die Verwendung der plattdeutschen Sprache.
Die Internetrecherche der beiden Jungen führt sie auf die Spur nach Ostereistedt. Sie reisen mit der Draisine an, sehen sich in Ostereistedt um, setzen einen Teil des Weges mit einem Pony fort, um endlich in einen Wald den Osterhasen anzutreffen. Als Beweis machen sie ein Selfie: zwei Jungen und ein Osterhase.
Der abwechslungsreiche Weg gliedert den Film in überschaubare und nachvollziehbare Einheiten. Dabei bleibt die Kamera bei den Jungen. Geräusche und Musik werden als dramaturgische Mittel eingesetzt. Die Umgebung wird aus unterschiedlichen Kameraperspektiven wahrgenommen, mal geht der Blick in ein Fenster, der Gang auf der Straße wird mal von oben, mal von unten gezeigt.
Der Film ist ein gelungenes Road Movie auf dem Weg zum Osterhasen.
Gruppe C: Schulklassen 11 bis 13 und BBS
De 1. Pries an BBS Gesundheit und Soziales, Nordhorn; zweijährige Fachschule Agrarwirtschaft, Team 2 mit ihrem Lehrer Dr. Michael Griesen
Sechs junge Männer aus dem Bereich Agrarwirtschaft setzen unter der Leitung Ihres Lehrers Dr. Michael Griesen den Film „Landwirtschaft in de Groafschupp“. Darin erklären sie verschiedene Bereiche der modernen Landwirtschaft in der traditionellen Sprache Plattdeutsch. Anhand von filmischen Einblicken in hochmoderne Ställe und auf Maschinen, wobei auch Drohnen zum Einsatz kamen, erklären die angehenden Landwirte, dass sich Intensivtierhaltung und Tierwohl nicht ausschließen. Schulleiter Heinrich Marheinecke erklärte, dass sich das Berufsbild von Landwirten stark gewandelt habe und für junge Menschen wieder attraktiver werde. Das komme auch in dem Film sehr gut rüber.
Presseartikel
Jury- Mitglieder
Herwig Dust
wohnt in Oldenburg. Er ist Leiter der Geschäftsstelle des Niederdeutschen Bühnenbundes Niedersachsen und Bremen e.V. Von 1996 bis 2016 war er Bühnenleiter der August- Hinrichs-Bühne am Oldenburgischen Staatstheater. Als Vizepräsident des Instituts für niederdeutsche Sprache (INS) beschäftigt er sich mit Filmen und Fotografieren.